Interview mit PD Dr. Samir Abou-Ayash
Wie bringt sich die Next Generation der DGI in den Kongress ein?
Dr. Abou-Ayash: Ich glaube, vor allem durch Kreativität und durch eine gewisse – lassen Sie es mich so ausdrücken – Unwissenheit. Im Team der Next Generation gibt es mehrere Mitglieder, die noch nicht auf vielen Kongressen waren. Sie stehen deswegen der Tagung unvoreingenommen gegenüber. Auch auf dem Deutschen Implantologentag gibt es Foren und Strukturen, die für diesen und ähnliche Kongresse Standard sind. Diese reichen etwa von den Tischdemos bis zu den Foren der Landesverbände. Was solche Strukturen betrifft, hat die Next Generation die Möglichkeit, diese aufzubrechen und Neues auszuprobieren. Ein Beispiel dafür ist die Schnitzeljagd in der ImplantExpo, bei der die Teilnehmenden kleine praktische Übungen absolvieren müssen. Wir werden auch wieder Vertreterinnen und Vertreter der studentischen Fachschaften einladen und mit diesen diskutieren. Wir wollen die Diversität der Tagung erweitern. Wir sind involviert in die Organisation des Forums für die Assistenz und wir zeichnen verantwortlich für das Forum „Neues aus der Wissenschaft“ sowie für die Postersession. Beteiligt waren wir bei der Auswahl der Referentinnen und Referenten und für das Plenum steuern wir genauso viele Slots bei wie die DGI und die DGOI. Dies haben wir dazu genutzt, einige jüngere Kolleginnen und Kollegen einzuladen, die man noch nicht so oft gehört hat.
Wann haben Sie mit Vorbereitungen begonnen?
Dr. Abou-Ayash: Das war schon vor fast zwei Jahren. Wir haben uns im Rahmen des DGI-Kongresses 2019 mit Vertreterinnen und Vertretern der Fachschaften von verschiedenen Universitäten zum Brainstorming getroffen. Wir wollten wissen, was Studierende von der DGI generell und konkret von uns, der Next Generation, erwarten. Es folgte danach noch eine Umfrage, deren Ergebnisse zwar nicht ganz einfach zu interpretieren sind, aber bei der man schon herausgehört hat, dass vor allem Praktisches nachgefragt wird.
Den Austausch mit Studierenden haben wir dann auch dann beim letzten Jahreskongress 2020 fortgesetzt, der online stattgefunden hat. Bei diesem Kongress haben wir uns nach den Sessions mit den jüngeren Kolleginnen und Kollegen und Studierenden im Zoom-Chat ausgetauscht. Wir haben Fragen beantwortet aber auch Fragen gestellt, um zu erfahren, was einen Kongress für den Nachwuchs interessant macht. Dadurch wurde die Idee mit der Schnitzeljagd mit ihren praktischen Übungen an den einzelnen Stationen geboren. Ebenso haben wir danach beschlossen, dass wir unsere Tisch-Demonstration nicht so sehr wissenschaftlich ausrichten, sondern dass diese sehr praktisch orientiert ablaufen sollen. Es gibt zum Beispiel Vorträge zu Nahttechniken, kleine Tipps und Tricks, Fallbesprechung und andere direkt anwendbare Informationen. Die Idee ist, dass die jungen Kolleginnen und Kollegen das Gesehene und Gehörte eigentlich direkt am Montag in der Praxis umsetzen können – was bei wissenschaftlichen Vorträgen vielleicht doch oft etwas schwieriger ist.
Worum wird es bei dem Treffen mit den Fachschaften gehen?
Dr. Abou-Ayash: Viele Jüngere sind sich unsicher, wohin es nach der Universität gehen soll. Das große Thema Implantologie ist vor allem für jene ein Thema, die das Studium bald abschließen. Wir wollen darum bei diesem Forum die verschiedenen Wege in die Implantologie zeigen, die wir ja auch in der Next Generation vertreten. Wir haben Praktiker und Wissenschaftlerinnen an Hochschulen, wir haben Leute mit verschiedenen Schwerpunkten, Parodontologie, Oralchirurgie oder Prothetik. Es gilt, diese Mannigfaltigkeit aufzuzeigen, damit der Nachwuchs diese verschiedenen Möglichkeiten für den Einstieg in die Implantologie finden und gehen kann.
Welche thematischen Schwerpunkte vertreten sie auf dem Kongress?
Dr. Abou-Ayash: Uns geht es vor allem um den Praxisbezug und darum, wie man nach dem Studium zur Implantologie finden kann.
Welche Erwartungen verknüpfen Sie mit der Beteiligung der Gastgesellschaften aus der Zahnmedizin sowie der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin und der American Academy of Osseointegration?
Dr. Abou-Ayash: Referentinnen und Referenten aus den Bereichen der zahnmedizinischen Gastgesellschaften sind schon immer auf implantologischen Kongressen in Deutschland sehr präsent gewesen. Darum freue ich mich besonders über die Beteiligung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin und der American Academy of Osseointegration, die dem Kongress einen zusätzlichen internationalen Touch verleiht. Was die Beteiligung der Internisten betrifft, hatte ich stets den Eindruck, dass sich Mediziner eher wenig für Zahnmedizin interessieren und dass auch wir Zahnmediziner gerne unter uns bleiben. Es ist darum ein ganz spannender Ansatz, die Innere Medizin bei diesem Kongress dabei zu haben. Ich bin sicher, dass es unglaublich viele Schnittstellen gibt, die wir wahrscheinlich noch gar nicht überblicken können. Darum könnte der Kongress zu einem Augenöffner für viele und vor allem für beide Seiten werden.
Was kann die Kooperation und damit auch dieser Kongress bewegen oder initiieren was jede der drei ausrichtenden Gesellschaften alleine nicht schaffen oder leisten kann?
Dr. Abou-Ayash: Für uns als als Next Generation ist es schlichtweg nicht möglich, so einen großen Kongress zu organisieren, dazu sind wir einfach zu jung und zu unerfahren. Darum sind wir sind froh, dass wir die Möglichkeit haben, den Deutschen Implantologentag mit ausrichten zu können und dabei sicher viel lernen können. Was wir aber einbringen können – und was der DGI und der DGOI vielleicht nicht ganz so leichtfällt – ist die Ansprache der jüngeren Zielgruppe.
Welche Botschaft soll von diesem Kongress ausgehen?
Dr. Abou-Ayash: Aus meiner Sicht lautet unsere Botschaft, dass das die Implantologie nicht nur Schnittstellen mit zahnmedizinischen Fachgesellschaften hat, sondern dass unsere Schnittmengen auch mit der inneren Medizin und anderen medizinischen Bereichen sehr viel größer sind, als wir bislang annehmen. Diese Schnittstellen werden uns dabei helfen, unseren „Mikrokosmos Zahnmedizin“ und auch die Implantologie als Ganzes besser zu begreifen.
Welche Auswirkungen soll oder welche kann dieser Kongress auf die weitere Entwicklung der Implantologie insgesamt haben?
Dr. Abou-Ayash: Ich glaube, dass der Kongress die Basis für weitere Kooperation legen und Denkanstöße geben kann, welche Kooperationen wir in der Zukunft schaffen müssen. Ein Beispiel für die Herausforderungen, die wir ohne Kooperation kaum bewältigen können, ist etwa die Betreuung älterer Patienten mit Implantaten. Was verändert sich beispielsweise immunologisch, wenn der Prothesenträger – mit Implantaten versorgt – wieder eine ganz andere Nahrung aufnehmen kann? Es geht hier um mehr als um jene Frage, wie lange Implantate überleben. Wir müssen fragen, welche Auswirkung eine Implantatversorgung auf den ganzen Organismus hat. Das ist das, was ich mir wirklich von diesem Kongress verspreche und was dieser langfristig bewirken kann: mehr Kooperation zwischen Medizin und Zahnmedizin.
Bei welchen Themen werden sie ganz sicher im Saal sitzen, weil ihnen diese persönlich sehr wichtig sind?
Dr. Abou-Ayash: Die Themen sind allgemein aus meiner Sicht sehr schön gewählt. Gleichwohl sind die Themen Sofortimplantation und Sofortversorgung sowie Immunologie und Implantologie aktuell sicher besonders spannend. Für mich persönlich sind auch die Forschungsperspektiven hochinteressant. Vor allem freue mich auch sehr auf den Festvortrag von Tara Aghaloo aus LosAngeles, die aus den USA eine ganz andere Perspektive mitbringt und einfach einen anderen Blickwinkel auf die Implantologie hat.